BAUEN+ 3/2022

Experteninterview

Dr. Chistine Lemaitre – Experteninterview »Uns wird eine gewisse Unruhe nachgesagt, aber den einen festen Standard gibt es bei uns nicht«
Dr. Chistine Lemaitre setzt sich umfassend für die Belange des nachhaltigen Bauens ein (© DGNB)

Experteninterview Christine Lemaitre

»Uns wird eine gewisse Unruhe nachgesagt, aber den einen festen Standard gibt es bei uns nicht«


Dr. Christine Lemaitre ist geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. Im Interview mit Reinhard Eberl-Pacan blickt sie auf 15 Jahre erfolgreiche Arbeit der DGNB e.V. zurück und gibt Einblicke in die derzeitigen Aktivitäten sowie Planungen der Gesellschaft.

Bauen+: Frau Dr. Lemaitre, Sie haben gerade den zweitägigen DGNB-Jahreskongress 2022 hinter sich gebracht, ein Zwei-Tages-Komplettprogramm rund um die Themen des nachhaltigen Bauens. Dabei spielte das Prinzip der Zertifizierung nachhaltigen Bauens eine große Rolle. Wie lässt sich nachhaltiges Bauen in der Planung grundlegend verankern?

Christine Lemaitre: Wir als DGNB werden dieses Jahr 15 Jahre und haben uns damals bei der Gründung überlegt, wie wir es schaffen, das Thema »nachhaltiges Bauen« voranzu­bringen. Wir haben gesehen, dass wir diese Transformation, von der immer jeder redet, brauchen. Das stellt natürlich beim Bauen eine Herausforderung dar. Es ist eine sehr diverse Branche mit sehr vielen unterschiedlichen Akteuren und Interessenlagen, die dann in einem Bauprojekt zusammengekommen.

Wir haben uns damals entschieden, dafür das Instrument eines Zertifizierungssystems zu nutzen, weil es für eine einheitliche Zieldefinition sorgt. Wir sehen nach wie vor, dass bei den Themen der Nachhaltigkeit jeder ein bisschen eigene Ziele definiert hat. Dies ist in einem Bauprojekt fatal, wenn quasi der Bauherr ein Verständnis hat, das nicht das gleiche ist wie das des Architekten, der Fachplaner oder der Baufirma.

Das DGNB-System führt stattdessen von Anfang an zu einem klar definierten Ziel und dient sowohl als Qualitätssicherungs- als auch als Planungsinstrument. Von der Planung über die Ausführung bis zur Fertigstellung eines Neubaus ist so genau definiert, wer was zu tun hat, was zu dokumentieren ist und worum es bei den Themen »Nachhaltigkeit« und »Qualitätssicherung« geht.

Die Baubranche zeichnet sich sicherlich durch maximale Intransparenz aus. Das muss man etwas provokativ sagen. Wir sehen immer viele tolle Entwürfe und Renderings von Projekten, die dann nicht so toll gebaut werden. Oder es wird die nächste vermeintlich nachhaltige Stadt irgendwo in der Wüste geplant. Ganz viel Ankündigungsrhetorik und am Ende fragt keiner mehr, was aus den ambitionierten Zielen geworden ist.

Genau da setzt das System der DGNB an: Was versprochen wird, muss auch geliefert werden! Ein Qualitätssicherungsinstrument, das sich bis zur Qualität der Innenraumluft erstreckt. In Messungen muss vier Wochen nach Baufertigstellung die Konzentration von Schadstoffemissionen im Innenraum nachgewiesen werden. Wenn bei den Messungen die Grenzwerte nicht eingehalten werden, ist das Projekt nicht zertifizierbar. Das ist ein K.o.-Kriterium und erzeugt sehr viel positiven Druck auf die Ausschreibung und die Bauausführung. Es sind Verfahren, die vorher in der Art nicht stattfanden.


Das ganze Interview können Sie in der Mai-Ausgabe der Bauen+ lesen.  
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